Der Standard bei Leimens Rettungsdiensten DRK und DLRG ist hoch: die Qualifikation der Ehrenamtlichen und eine gute Zusammenarbeit kommen den Patienten zuguteÂ
von Heike Dietrich- Kirrmann
„Der Patient verdient es einfach, im Notfall die qualitativ maximale Versorgung zu bekommen. Wenn man in so ein Auto steigt, betreibt man schließlich Menschenrettung.“ Marlo Sündermann ist Rettungsassistent im Praktikum beim DRK Ortsverein Leimen, rund 2800 Ausbildungsstunden nimmt er dafür in Kauf, Unterricht an den Wochenenden, eine theoretische und praktische Ausbildung im Krankenhaus, Prüfungen und weitere Praktika – alles trotz Familie, alles ehrenamtlich, ebenso wie sieben weitere Kollegen den zweijährigen Rettungssanitäter absolviert haben.
Der erweiterte harte Kern des DRK-Teams in Leimen besteht aus rund 30 Kräften, darunter Rettungsassistenten, Rettungssanitäter und Sanitätshelfer. In der Regel werden sie nach ihrem eigentlichen Arbeitstag und am Wochenende per Funkmeldeempfänger von der Rettungsleitstelle Heidelberg zum Einsatz angefordert, bei Großeinsätzen ist der Alarm zu jeder Tageszeit möglich. Statistische 2,5 Einsätze täglich kommen auf die engagierten Helfer zu, rund 900 Mal rückten die Fahrzeuge des Rettungsdienstverstärkung (RDV) im vergangenen Jahr aus – Verkehrsunfälle, Brände, Suchen nach vermissten Personen sowie lebensbedrohliche Erkrankungen gehören zu ihrem täglichen Geschäft.
Zweimal im Jahr richtet das DRK zusammen mit dem hauptamtlichen Blutspendedienst eine Blutspendeaktion in der Aegidiushalle aus, auch hinter dieser Aktion steckt weit mehr Arbeit, als sich der Laie vorstellt. Bereitschaftsleiterin Domino Gallas: „Es gilt Plakate aufzuhängen, Einkäufe für die Verpflegung der Blutspender zu machen, die Aegidiushalle herzurichten, Betten aufzustellen, zu betreuen, zu bewirten und schließlich alles wieder abzubauen. Dazu sind locker 20 Helfer notwendig, die mindestens einen ganzen Tag anpacken.“
Auf teilweise bis zu 50 Veranstaltungen in und um Leimen leisten die Rettungskräfte jährlich den Sanitätswachdienst. Wenn die Menschen feiern, sorgen sie im Falle des Falles für eine schnelle medizinische Hilfe.
Angefangen als „DRK-Sanitätskolonne Leimen“ im Jahre 1901 lag die Arbeit jahrelang auf Eis, bis die DRK Bereitschaft 1997 mit Hilfe der Deutschen Lebens- Rettungs Gesellschaft (DLRG Leimen e.V.) wieder aufgebaut wurde. Allein diese Tatsache erklärt die von Beginn an enge Zusammenarbeit beider Vereine. Rechtlich jeweils völlig eigenständig, in der Personalstruktur jedoch deutlich überlappend, gehen die beiden Hilfsdienste in Leimen neue Wege, um Kosten zu sparen. Räumlichkeiten wie die Fahrzeughalle oder das Ausbildungszentrum werden geteilt, auch Ausbildungsmaterial und Knowhow ist Gemeinschaftssache. Matthias Frick, 1. Vorsitzender des DRK Ortsvereins: „Wir profitieren beide von diesem Synergie-Effekt, können uns so beispielsweise hochwertigeres Übungsmaterial anschaffen und Spezialisierungen angehen, die aus finanziellen Gründen sonst nicht drin wären.“ Berührungsängste kennen beide Leimener Vereine nicht, was aus einer Not heraus entstanden ist, ist bei weitem mehr als nur Tugend.
Das DRK Leimen gehört seit acht Jahren zur Rettungsdienstverstärkung (RDV) des Kreisverbandes Rhein- Neckar, seine ehrenamtlichen Fachkräfte nehmen damit in ihrer Freizeit am Rettungsdienst und am Krankentransport teil, um den hauptamtlichen Rettungsdienst zu unterstützen. Durch den Standortvorteil kann die Hilfe entscheidende Minuten eher geleistet werden, als mit hauptamtlichen Teams von den Rettungswachen Wiesloch oder Heidelberg.
300 Mitglieder in der DLRG, 1400 beim DRK – gemeinsam zählen beide Hilfsorganisationen zu den drei größten Vereinen Leimens. Während das DRK nicht allein durch die Notrettung, sondern auch durch die Krankentransporte und Sanitätswachdienste bei Veranstaltungen präsent ist, werden die Aufgaben der DLRG oft auf die Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung im Hallenbad – aus Platzgründen derzeit im Hasenleiser – reduziert. Doch auch Ausbildungen in den Bereichen Erste Hilfe, Erste Hilfe am Kind, Sanitätswesen, Realistische Notfalldarstellung, Tauchen, Funk und Boot gehören in Leimen zum Standard; hier werden zudem Fachhelfer für den Wasserrettungsdienst ausgebildet. Sowieso stellt der Wasserrettungsdienst mit seinem kombinierten Tauch- und Bootstrupp einen absoluten Schwerpunkt dar: ob Bootsführer, Rettungstaucher, Leinenführer, Sprechfunker oder Sanitäter – von den freiwilligen Helfern wird eine hohe Qualifikation abverlangt, um Verunfallten an, auf und im Wasser optimal helfen zu können. Wolf-Dieter Lange, 1. Vorsitzender der DLRG Leimen: „Beispielsweise werden unsere Rettungstaucher regelmäßig nach berufsgenossenschaftlichen Kriterien gecheckt. Das Niveau ist sehr hoch.“
Die aktive Teilnahme im Katastrophenschutz von Baden-Württemberg führt darüber hinaus zu Einsätzen wie dem in Dessau bei der Jahrhundertflut im Sommer 2002, bei dem Leimen die Zugführung stellte. Im Januar diesen Jahres waren Spezialkräfte der DLRG Leimen in Sri Lanka unterwegs, um Opfern des Tsunamis zu helfen. Für die Wasserrettung und den Katastrophenschutz hält die DLRG Fahrzeuge, Anhänger, zwei Boote, Tauchausrüstungen und Spezialgerät bereit – in den Wintermonaten übernimmt die Gruppe außerdem die Eisrettung für den gesamten Rhein-Neckar-Kreis. Freiwillige Wachdienste an der Ostsee und ein großes Angebot auf dem Sektor Jugendarbeit machen die Aktivitäten komplett.
Statistisch gesehen von der Anzahl der Einsätze dem DRK unterlegen, erfordert der Dienst im und am Wasser jedoch ein ebenso gutes Training. „Angesichts der Tatsache, dass sich unsere Aufgaben sowieso oft überschneiden, macht es umso mehr Sinn, in beiden Vereinen aktiv zu sein. Eine gewisse Häufigkeit der Einsätze schenkt nicht zuletzt eine routinierte Reaktion in Stresssituationen, quasi einen Qualitätsvorsprung“, betont Matthias Frick.
Das immense persönliche Einbringen der Ehrenamtlichen ist eine Sache, eine andere der hohe technische Aufwand, der betrieben werden muss, um den Rettungsdienst zu erhalten: für Material – darunter moderne Pneumatikzelte oder Pulsoxymeter -, Gerätschaften, Wartung, Reparaturen, Einsatzkleidung und Ausbildung fallen jährlich hohe Kosten an. Allein der Unterhalt des DRK-Fuhrparks mit Rettungstransportwagen (RTW), Krankentransportwagen (KTW) und einem BMW Touring, der u. a. für Sanitätsdienste und zur medizinischen Erstversorgung innerhalb Leimens eingesetzt wird, ist teuer und die Mittel sehr beschränkt. In Zusammenarbeit mit der Verwaltung der Stadt Leimen hat sich darum 1998 der Förderverein beider ehrenamtlicher Leimener Rettungsdienste DLRG und DRK, – FORL – gegründet, um sich in erster Linie um die Akquirierung finanzieller Fördermittel zu kümmern. „Ein RTW mit Equipment nach DIN würde neu rund 100.000 Euro kosten. Selbst wenn wir solche Fahrzeuge gebraucht kaufen und in Eigenregie um- und ausbauen ist das ohne Spenden gar nicht zu stemmen“, erklärt Matthias Frick.
Umso besser, dass sich der Förderverein demnächst über eine Spende mehr freuen kann: er erhält den Erlös der diesjährigen Weihnachtstombola von „Leimen Aktiv“.
RNZ, 24.11.2005